Traditionelle Chinesische Medizin - TCM

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In einer 3-teiligen Reihe schauen wir auf die Erfahrungsmedizin – von Indien über China bis zur europäischen Natur- und Heilpflanzenkunde. Im 2. Teil stellen wir mit unserem Experten Dr. Uwe Siedentopp die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) vor. Sie entstand vor über 2000 Jahren und hat sich über die Jahrhunderte immer feiner und gezielter zu einem umfassenden Wissensschatz weiterentwickelt.

 

Ein energetisches Denken steht im Mittelpunkt der TCM: Der Mensch ist gesund, wenn Yin und Yang im Gleichgewicht sind und die Lebensenergie Qi ungestört fließen kann. Yin und Yang – dieses Grundprinzip der chinesischen Medizin steht für entgegengesetzte und dennoch aufeinander bezogene Kräfte, die sich ergänzen. Dabei ist Yin das Passive und Ruhende. Yang ist das Aktive und Energetische. Wenn wir beides in Einklang bringen, kann Qi als unser energetisches Potenzial wie ein harmonischer Fluss durch unseren Körper strömen und über sogenannte Meridiane alle Körperstrukturen versorgen. Ein weiteres Grundprinzip der TCM ist das Konzept der fünf Elemente oder Wandlungsphasen: Wasser, Holz, Feuer, Erde, Metall. Es beschreibt die dynamischen Veränderungen alles Lebendigen: in der Natur und im Menschen. Aus diesen Elementen bilden sich auch die Konstitutionstypen der TCM und die individuell auf den Typ abgestimmte 5 Elemente Ernährung.

 

TCM in der Praxis

 

Ein Überblick – die Säulen der TCM

Grundlage der TCM-Therapie ist die chinesische Diagnostik, die auch eine spezielle Puls- und Zungendiagnose umfasst. Die Erkenntnisse werden nach den acht Leitkriterien Ba Gang sowie den krankheitsauslösenden Faktoren und betroffenen Funktionskreisen geordnet, worauf dann der Behandlungsplan mit den passenden Therapien aufbaut.

 

Arzneimitteltherapie

In China sind Arzneimittel die wichtigste Therapieform. Sie bestehen aus Pflanzen, teilweise auch aus mineralischen oder tierischen Anteilen. In Deutschland gibt es hierfür zertifizierte Qualitätskontrollen. Die Mischung wird für die Patient:in aus verschiedenen Substanzen zusammengestellt.

 

Akupunktur

Dünne Nadeln auf den richtigen Akupunkturpunkten wirken positiv auf die Energiebahnen. Hilft nicht nur bei Schmerzen. Anwender beschreiben die Wirkung auch als entspannend, abschwellend, antientzündlich, durchblutungsfördernd und krampflösend. Nachgewiesen ist, dass entsprechende Botenstoffe ausgeschüttet werden.

 

Bewegungstherapie

Qigong-Übungen vereinen Körper und Seele und gehören zur chinesischen Lebenspflege Yangsheng. Die Wirkung entsteht aus dem Zusammenspiel langsamer Bewegungsabläufe mit dem Atem. Auch die ursprüngliche Kampfkunst Tai-Chi wird heute überwiegend zur Gesundheitspflege genutzt.

 

Manuelle Therapie/Tuina Massage

Aus der chinesischen Massage Tuina hat sich historisch eine umfassende, manuelle Therapie entwickelt. Die Behandlung kombiniert muskuläre Massage, chiropraktische Techniken, Mobilisation und Akupressur, wobei verschiedene Griff-, Knet- und Streichtechniken verwendet werden.

 

Ernährung

Die Ernährung hatte bereits im alten China einen hohen Stellenwert. So heißt es in den klassischen Texten: Medizin und Ernährung haben denselben Ursprung. Individuell ausgewogenes Essen dient in der TCM dem Wohlbefinden, der Vorbeugung von Erkrankungen und wirkt unterstützend bei der Therapie von akuten und chronischen Störungen.

 

 

Interview mit unserem Experten Dr. med. Dipl. oec. troph. Uwe Siedentopp

 

Sie beschäftigen sich schon seit über 30 Jahren mit TCM und Akupunktur, zunächst als praktizierender Arzt, jetzt als Dozent. Was hat Sie dazu motiviert?

Ich hatte im Rahmen meiner ärztlichen Weiterbildung erstmals Kontakt zur Akupunktur. Die positiven Erfahrungen haben mich so neugierig gemacht, dass ich eine mehrjährige Ausbildung absolvierte. Mich fasziniert die Denk- und Arbeitsweise der Traditionellen Chinesischen Medizin, die immer den Menschen in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellt. Bei der Anwendung der Akupunktur und weiterer TCM-Methoden in meiner Klinik- und Praxistätigkeit durfte ich die Wirksamkeit dieser Heilkunst immer mehr erleben.

 

Wodurch zeichnet sich die Traditionelle Chinesische Medizin aus?

Die chinesische Medizin ist ein holistisches, also ganzheitliches, System. Ihr liegt ein energetisches Denken zugrunde, das den Menschen als interagierenden Teil seiner Natur und Umwelt betrachtet. Körper, Seele und Geist Shen des Menschen bilden in der TCM eine Einheit, sodass physische und psychische Aspekte der Gesundheit immer als gleichwertig gelten.

 

Viele denken bei TCM vor allem an Akupunktur …

Bei uns im Westen ist die Akupunktur die bekannteste Säule der TCM. Seit den weltweit größten Akupunkturstudien Anfang der 2000er-Jahre in Deutschland hat sich diese Methode wissenschaftlich immer mehr etabliert. Im Bereich der interdisziplinären Schmerztherapie gehört sie inzwischen zu den anerkannten Therapiemethoden. Die wissenschaftliche Datenlage zeigt die Wirksamkeit und Sicherheit der Akupunktur bei zahlreichen Störungen und Erkrankungen im Bereich des Bewegungsapparates und der inneren Organe. Im alten China war die Akupunktur die „Chirurgie“ der Ärzte: Sie kam erst zur Anwendung, wenn zuvor alle anderen medizinischen Methoden nicht hilfreich waren.

 

Welche Methoden gibt es noch?

In China ist die chinesische Arzneimitteltherapie schon immer das wichtigste Behandlungsverfahren. Sie gilt als vielseitig, sehr umfassend und ist durch zahlreiche Klassiker der chinesischen Kräuterheilkunde belegt. Die Arzneimittel sind ausschließlich natürlichen Ursprungs. Dabei überwiegen mit über 90 Prozent pflanzliche Mittel. In geringem Maße werden auch mineralische oder tierische Anteile verwendet. Zu den weiteren Säulen in der TCM gehören die Bewegungstherapien Qigong und Tai-Chi, die manuelle Therapie aus der Tuina Massage und eine individuell ausgewogene, gesunde Ernährung.

 

Lässt sich TCM gut mit unserer westlichen Schulmedizin kombinieren?

Ja, das geht sehr gut. Voraussetzung ist, dass der TCM-Anwender die schulmedizinischen Grundregeln der Untersuchung und Diagnostik kennt und berücksichtigt. Auf dieser Basis lassen sich die fünf Säulen der TCM in aller Regel in ein integratives Behandlungskonzept einbinden. Vor allem im Bereich funktioneller Störungen, bei denen sich also keine organische Ursache finden lässt, sowie bei chronischen Erkrankungen funktioniert das gut. Notwendige akute, intensiv-medizinische Maßnahmen kann sie in keinem Fall ersetzen. Und es braucht immer eine fundierte, fachspezifische Ausbildung, um Sicherheit und Wirksamkeit zu gewährleisten.

 

Wie funktioniert das in der Praxis, haben Sie ein Beispiel für uns?

Wenn jemand immer wieder über Kopf- und Rückenschmerzen klagt, wird nach einer eingehenden westlichen Diagnostik ohne auffälligen Befund die Behandlung mit Schmerzmedikamenten oder auch Physiotherapie erfolgen. In der TCM fragt der Therapeut nach Einflüssen, die die Situation verschlechtern oder verbessern und berücksichtigt Yin und Yang Disharmonien. Außerdem wird die Puls- und Zungendiagnostik angewendet und auf die Ernährung geschaut. Je nach individueller Situation können dann zum Beispiel Akupunktur, chinesische Kräutermischungen, Qi Gong sowie eine angepasste Ernährung parallel zum Einsatz kommen.

 

Wenn ich mich für eine TCM-Behandlung interessiere, wie finde ich qualifizierte Therapeut:innen?

Es gibt anerkannte ärztliche Organisationen, die zertifizierte Aus- und Weiterbildungen in chinesischer Diagnostik und allen Methoden der chinesischen Medizin durchführen. Qualifizierte TCM-Therapeut:innen finden Sie zum Beispiel bei der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. (www.daegfa.de) sowie bei der Internationalen Gesellschaft für Chinesische Medizin e.V. (www.tcm.edu)

 

 

5-Elemente-Ernährung

 

Bei der 5-Elemente-Ernährung werden Lebensmittel in die Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser eingeteilt.

 

Mit den jeweils individuell passenden Nahrungsmitteln soll ein Gleichgewicht der Kräfte Yin und Yang entstehen, damit der Mensch gesund wird und bleibt. Dabei kommt es auf verschiedene qualitative Aspekte der Lebensmittel an:

 

Temperaturverhalten

Heiß, warm, neutral, kühl, kalt – es beschreibt die energetische Dynamik eines Lebensmittels und seinen Einfluss auf die Bewegung des Qi.

 

Geschmacksrichtung

Sauer, bitter, süß, scharf, salzig – die verschiedenen Geschmäcker wirken auf bestimmte Organe, Körperfunktionen und Ebenen.

 

Funktionskreisbezug

Jedes Lebensmittel ist in seiner Wirkung auf bestimmte Funktionskreise oder Leitbahnen ausgerichtet: Leber/Gallenblase, Herz/Dünndarm, Milz/Magen, Lunge/Dickdarm, Niere/Blase.

 

Wirktendenz

Diese Eigenschaft beschreibt den Einfluss der Nahrungsmittel auf bestimmte Körperbereiche und die Bewegungsrichtung des Qi.

 

Die Auswahl, Zubereitung und Kombination der Speisen ist ganz individuell. Und weil die Prinzipien der chinesischen Ernährung immer flexibel und undogmatisch angewendet werden, lassen sie sich problemlos mit den hier heimischen Nahrungsmitteln und Getränken im Alltag umsetzen.

 

 

Für wen eignet sich eine TCM-Therapie

 

Die Methoden der chinesischen Medizin können grundsätzlich präventiv und therapeutisch eingesetzt werden.

 

TCM eignet sich besonders für Menschen mit Schmerzen im Bewegungsapparat wie Kopf-, Rücken-, Gelenkschmerzen sowie bei Erkrankungen der Atemwege, Allergien, Erkrankungen des Magen-Darmtrakts, Gewichtsproblemen, Herz-Kreislauf- und Schlafstörungen sowie bei Infektanfälligkeit und gynäkologischen Erkrankungen. uat. Duis aute irure dolor in reprehenderit in voluptate velit esse cillum dolore eu fugiat nulla pariatur.

 

Insbesondere Allgemeinbeschwerden wie Müdigkeit, Erschöpfung und Energielosigkeit, innere Unruhe und Konzentrationsstörungen lassen sich durch eine TCM-Therapie verbessern. Grundsätzlich eignen sich besonders alle funktionellen Störungen gut für eine TCM-Behandlung. Wenn bereits organische Strukturveränderungen vorliegen, bietet sich die chinesische Medizin als komplementäres Heilverfahren an.

 

 

Aus der TCM-Praxis

 

Ein 45-jähriger, normalgewichtiger Familienvater leidet unter chronischen Verdauungsstörungen, Durchfällen, Energiemangel, einem „kalten Bauch“, beruflichem Stress, häufigen Ischiasschmerzen und einem Reizmagen. Er hat eine feuchte, weiß belegte Zunge mit deutlichen Zahneindrücken. Neben thermisch kühl/kalten Mahlzeiten ist sein Essen geschmacklich unausgewogen. Er nutzt die Betriebskantine und isst abends oft spät. Seine Diagnosen: „Funktionelle Magen-Darm-Störungen mit Erschöpfungssyndrom“. Zwei ärztlich verordnete Kuren innerhalb von sieben Jahren bleiben ohne Erfolg.

 

Die TCM-Diagnose und Therapie:

Milz Qi Mangel mit Feuchtigkeit und Kälte, Nieren Qi Mangel und Leber Qi Stagnation. Erst die Ernährungsumstellung auf thermisch warmes Essen und Trinken mit Schwerpunkt auf dem Frühstück, regelmäßige Mahlzeiten mit Kraftsuppen, Brühen und Aufläufen, wärmende Garmethoden mit frischen Kräutern und Gewürzen, Verzicht auf das Kantinenessen sowie Stressmanagement mit Entspannungsübungen aus dem Qi Gong führen schließlich zu einer deutlichen Verbesserung aller Beschwerden mit erheblicher Steigerung der Lebensqualität.

 

 

Ginseng – wertvolle Heilpflanze in der TCM

 

Ginseng heißt auf Chinesisch 人參 Ren Shen, die Menschenwurzel, denn die Form erinnert an eine menschliche Figur.

 

Die Ginsengwurzel gilt als bekannteste Heilpflanze der Traditionellen Chinesischen Medizin. Die mehrjährige krautige Pflanze Panax ginseng ist in China in den nördlichen Provinzen Heilongjiang, Jilin und Liaoning beheimatet. Ihre stärkenden und ausgleichenden Wirkungen sind seit Jahrtausenden in den Klassikern der TCM beschrieben. Bedeutung und Wert der Wurzel waren im alten China derart hoch, dass sie nur dem Kaiser, seinem Hofstaat und den Staatsbeamten verfügbar war. Es heißt, Ren Shen war wertvoller als Gold.

 

Wirkungen der Ginsengwurzel in der TCM

Temperaturverhalten: warm; Geschmacksrichtung: süß, bitter; Organ-/Funktionskreisbezug: Milz, Lunge, Herz; Wirkrichtung: emporhebend. Indikationen: Qi nährend, Milz/Magen tonisierend, Lungen Qi stärkend, Säfte anregend, Geist Shen beruhigend, Herz Qi kräftigend. Tipp: Roter Ginseng enthält durch ein spezielles Dämpfungsverfahren mehr Ginsenoside und ist daher besonders wirkstoffreich.

 

 

Quelle: https://reformhaus.de/blogs/gesundheit/traditionelle-chinesische-medizin-tcm